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Krieschows Mann an der Orgel

Wolfgang Noack wohnt seit 1993 in Krieschow. Jeder im Dorf kennt ihn. Das hat etwas mit seinem Ehrenamt zu tun, denn seit vielen Jahren zeichnet der 73-Jährige für die Kirchenmusik verantwortlich. In den Gottesdiensten spielt er die Orgel: „Der Pfarrer gibt vor, welche Lieder im Gottesdienst gespielt werden sollen, über die Beiträge davor und danach entscheide ich“, erklärt der Rentner.w800 h532 x750 y499 858e4f4d60a1bd26

Die Musikalität hat Wolfgang Noack in die Wiege gelegt bekommen. Er ist in Forst geboren. Seit Vater hatte eine Drogerie, in der Freizeit hat er Klavier und Trompeter gespielt. Der Großvater war Posaunist und hat seinem Enkelsohn einige Instrumente hinterlassen. Mit seiner Mutter ist er oft in Orgelkonzerte in der Kirche gegangen.

Damit war die Liebe zur Musik vorprogrammiert. In der Rosenstadt gab es für den heutigen Krieschower Klavierunterricht und schon als 14-jähriger wurde er Mitglied im Posaunenchor in Forst. „In der Jungen Gemeinde hatten wir sogar eine Band, da haben wir auch moderne Lieder gespielt“, erinnert sich der ehemalige Telekommitarbeiter.

Die Liebe zur Kirchenmusik hat Wolfgang Noack mit nach Guben genommen. Nach seiner Lehre bekam der Telekommunikationsfachmann seine Arbeitsstelle in der Wilhelm-Pieck-Stadt.  In seiner Freizeit führte sein Weg auch hier zum Posaunenchor. Er lernte Kantor Hans-Jürgen Vorrath kennen. Noack bewunderte den musikalischen Enthusiasmus. Das war wohl auch der Grund dafür, dass der junge Mann damals auch Sänger im Kirchenchor wurde. „Das Mitsingen in großen Werken wie in der Krönungsmesse, im Weihnachtsoratorium, das hat mich geprägt, das hat mir sehr viel Freude und Stolz bereitet“, betont er rückblickend.

In Guben hatte Wolfgang Noack dann auch erste Möglichkeiten, die Orgel zu spielen. „Orgelspielen ist anders als Klavierspielen. Es ist auf alle Fälle noch etwas anspruchsvoller, weil ja auch die Pedale betätigt werden müssen“, betont der Musiker.

Diese ersten Erfahrungen kamen ihm zugute, als 2005 in Krieschow der Organist verstarb. Längst in der Kirche engagiert, begann der zugezogene Noack sich noch intensiver mit der Königin der Instrumente zu beschäftigen und als Organist in Krieschow zu spielen. Seitdem kümmert er sich um den Erhalt der Orgel, hält sie also in Schuss.

„Wir haben eine Grüneberg-Orgel“ aus dem Jahr 1880.  Instrumente dieses Orgelbauers findet man vor allem an unserer Ostseeküste, denn das Unternehmen war in Stettin ansässig“, erklärt der dreifache Großvater.

In den Gottesdiensten spielt Wolfgang Noack allein, manchmal auch mit Trompeten-Begleitung. Bis heute übt er mindestens zweimal pro Woche, an dem Pfeifeninstrument: „Wenn andere Musiker mit dabei sind, muss sowieso geprobt werden.  Und die Finger sollen in Bewegung bleiben, sonst klappt das nicht mit dem Spielen.“.

Aber die Auftritte in den Gottesdiensten sind nur ein Teil des Engagements von Wolfgang Noack.

Jedes Jahr organisiert er in der Kirche drei bis vier Konzerte, so kommt ein Ensemble aus der Ukraine nach Krieschow.  Er betreut das alljährliche Benefizkonzert der Schule in der Kirche: „Da war ich von Anfang an mit dabei und finde es ganz toll, dass es mittlerweile normal ist, dass die Schule die Kirche dafür nutzt.“.

Einen besonderen Höhepunkt gibt es, wenn der Fahrradkantor in Krieschow Halt macht.

Der 73-jährige Krieschower spielt im Posaunenchor Kolkwitz–Papitz mit, singt im Papitzer Kirchenchor und unterstützt den Krieschower Frauenkreis. Dort organisiert er das Singen und ist auch mal für die Andacht zuständig. Bei so manchem Jubiläum oder Geburtstag gibt es Noack-Ständchen.

Einiges fällt jetzt zwar auf Grund der Beschränkungen weg, so zum Beispiel das traditionelle Konzert im Pflegeheim Papitz am Vormittag des Heiligen Abends, aber am Nachmittag soll es Gottesdienste geben, in Papitz auf dem Dorfplatz und in Krieschow vor der Kirche.

Ein wenig sorgt sich der Ehrenamtsmusiker um seine Nachfolge: „Ich habe zwar einige junge Musiker im Blick, die es schaffen könnten, aber sie müssen es mit dem Orgelspielen auch wollen, da ist ja dann auch immer ein regelmäßiger Termin: der Gottesdienst.  Ich bin offen für jeden, der es als Organist versuchen möchte, ich schließe zum Probieren gern die Kirche auf.“

Weihnachten will Wolfgang Noack mit seiner Frau Monika genießen. Da wird ganz sicher nicht nur klassische Musik im Hause Noack erklingen, denn der Organist ist auch Beatles–Fan.  Er hofft, dass die Kinder mit den Enkeln vorbeikommen und vielleicht bekommt er ja auch den einen oder anderen Anruf aus dem Dorf: „Ich bin ziemlich fit, wenn es um Computer und Handys geht und wenn jemand von der älteren Generation so etwas geschenkt bekommt, dann bitten sie mich schon mal um Hilfe.“

 

Quelle: Lausitzer Woche vom 19.12.2020

Tags: Kirche

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